Das tatsächliche Wachstum, eine Steigerung der Wiederkaufsrate, höhere Cross-Selling-Potenziale hängt stark von deiner gewählten Kundenbindungsstrategie ab.
Deine Strategie bestimmt die emotionale Beziehungsqualität zum Kunden und ist somit Basis für die Loyalität.
Jegliche Kundenbindungsstrategie NACH dem Kauf schlägt jedoch fehl, wenn die nachfolgenden fünf Phasen nicht beachtet werden, übersprungen werden oder wenn Kunden zu früh oder zu spät an bestimmt Maßnahmen herangeführt werden.
Phase 1 – Rollercoaster
Direkt nachdem der Kunde den Call-To-Action Button in deinem Onlineshop geklickt hat, schüttet das Gehirn eine Vielzahl an Botenstoffen aus und der Kunde erlebt eine “Achterbahnfahrt der Gefühle”. Je höher der Preis, desto mehr Hochs und Tiefs erfährt der Kunde. Die emotionale Kaufentscheidung wird angezweifelt, und das Gehirn versucht den Kauf rational zu begründen. Dieses psychologische Phänomen, der Buyers Remorse (die Kaufreue), tritt bei fast allen Kunden ein.
Die Kaufreue ist in der Regel mit kognitiver Dissonanz verbunden. Derartige Zustände werden als unangenehm empfunden und erzeugen in uns Menschen Spannungen, die nach Überwindung drängen. Der Mensch befindet sich im Ungleichgewicht und setzt alles daran, wieder einen konsistenten Zustand, ein Gleichgewicht zu erreichen.
Nach dem Kauf setzt ein weiterer psychologischer Effekt ein, die Post-Purchase-Rationalization. Dieser Effekt bewirkt, dass wir einen eventuell weniger sinnvollen emotionalen Kauf uns selber gegenüber rational rechtfertigen. Durch Kundenumfragen erhältst du eine Antwort, warum ein Produkt gekauft wird und warum es eventuell retourniert wird. Mit diesen Ergebnissen kann die Kaufreue bewusst gegengesteuert werden und es unterstützt den Prozess der Post-Purchase-Rationalization, damit Retouren und Reklamationen von Anfang an vermieden werden können.
Onlineshops stehen hierfür mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. In der Bestellbestätigungsmail und auf der Danke-Seite nach der Bestellung kann dem Kunden genau erklärt werden, was nun passiert. Das reduziert die Unsicherheit.
Direkt nach dem Kauf existiert noch keine echte Kundenbindung. Der Kunde kennt dich kaum und es fällt ihm schwer, den nächsten Schritt mit dir zu planen. Überfordere ihn nicht, beispielsweise indem du schon in dieser Phase um Bewertungen bittest oder für ein Loyaltyprogramm wirbst. Das ist zu früh. Konzentriere dich stattdessen auf den nächsten logischen Schritt: Das Onboarding. Jeder neue Mitarbeiter wird im Unternehmen eingearbeitet. Warum sollte es bei Kunden anders sein?
Das Onboarding ist der Kick-Off zu einer langfristigen Kundenbeziehung. Entwickle ein außergewöhnliches Erlebnis für neue Kunden. Zeige deinen Kunden, dass sie nun Teil der “Familie” sind. Zeige Kunden, dass du bestrebt bist, diese Beziehung außergewöhnlich zu gestalten und kreiere Erlebnisse, die es nur bei dir geben kann.
Langweilige 0815-Standard-Mails sollten dagegen vermieden werden. Diese Mails nutzt auch jeder andere Händler. Eine erlebnisorientierte Kommunikation berührt Menschen emotional und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
Phase 2 – Delivery
Was passiert in der Zeit zwischen Bestellabschluss und Lieferung? Wie gehst du mit Lieferverzögerungen um? Hast du etwas vorbereitet, damit der Kunde sich bereits vorab auf das Produkt freuen kann? Welchen Kommunikationskanal könntest du hierfür nutzen, um auch hier eine erneute außergewöhnliche Erfahrung zu kreieren?
Erlebnisse werden immer proaktiv kreiert. Sobald der Kunde nachfragen muss, hast du deine Chance vertan.
Der nächste Kontakt, der erste physische, findet statt, wenn der Kunde die Ware geliefert bekommt. Der Kunde überprüft, ob das Versprechen aus den Vor-Kauf-Phasen – auch tatsächlich gehalten wird.
Wie ist der erste Eindruck?
Wie unterscheidet sich dieses Erlebnis vom Wettbewerb?
Hast du ein überraschendes und besonderes Erlebnis kreiert, wenn der Kunde das erste Mal das Produkt in den Händen hält?
Eine besondere Verpackung, eine persönliche Nachricht, weitere Produktproben, kleine Geschenke, eine Dankeschön-Karte oder persönliche Notizen können der Sendung hinzugefügt werden als kleines Willkommen um einen zusätzlichen Wert zu kreieren, der die Erwartungen übertrifft.
Gehe die Dinge anders an als die Norm!
Liefere die Ware mit viel Persönlichkeit verpackt und kreiere damit gleichzeitig den Wunsch ein großartiges Unboxing-Erlebnis zu teilen. Studien bestätigen, dass insgesamt vier von zehn Kunden bereit sind, ein Bild der Verpackung auf Social Media zu posten, wenn die Verpackung einzigartig ist. 52 Prozent der Kunden würden weitere Produkte in einem Onlineshop bestellen, wenn die Ware in einer Premium Verpackung geliefert wird. Diese Phase eignet sich daher hervorragend, um den Kunden mit weiteren Cross-Selling-Produkten zu triggern.
Phase 3 – Enjoy
Nach der Pflicht kommt die Kür. Die ersten 100 Tage nach dem Kauf sind kritisch, um die Impulse für die spätere Kundenloyalität zu entwickeln. Diese Zeitspanne ist lang genug, um eine positive Erfahrung zu kreieren. Jeder Kunde benötigt eine gewisse Zeit das Produkt zu nutzen, bevor der Kauf endgültig als positive Erfahrung abgespeichert werden kann.
Das Resultat, nämlich das Gefühl, welches Kunden mit dem Produkt gekauft haben, zeigt sich nicht sofort, sondern erst durch den Gebrauch des Artikels. In dieser Phase konsumiert und genießt der Kunde das gekaufte Produkt.
In dieser Phase steigen allerdings auch die meisten Kunden aus der Kundenbeziehung aus. Stimmt der Service nicht, fühlen Kunden sich im Stich gelassen und können keine loyalen Bestandskunden werden.
Entwickele mit deinem Team daher kreative Lösungen und halte weiterhin den Emotional Experience Level auf hohem Niveau.
Welche besonderen proaktiven Services kannst du anbieten, die jetzt eine große emotionale Bedeutung für den Kunden haben?
Was erhofft sich der Kunde in dieser Phase?
Pflegst du den Aufbau persönlicher Kontakte?
Gibst du Kunden die Möglichkeit zur Interaktion?
Mache Kunden vertraut mit deiner Welt, damit sie Teil davon werden können. Zeige Engagement und fragen nach, ob alles in Ordnung ist. Überrasche Kunden. Mache das Erlebnis zu deinem Geschäft.
Phase 4 – Engage
In dieser Phase können Rituale und Gewohnheiten für deine Kunden kreiert werden, die in Zusammenhang mit den Produkten stehen. Aus Käufern werden so involvierte und engagierte Stammkunden. Durch die Entwicklung von Rituale, kann die Gewohnheiten, die wiederkehrende Handlung, ein Gefühl von Bindung und Zugehörigkeit, entstehen. Ein Ritual verbessert die wahrgenommene Erfahrung und dient als Eintrittskarte in einer exklusiven Community. Je öfters das Ritual wiederholt wird, desto stärker wird die Bindung – das belegen Studien.
Phase 5 – Promote
Jeder Kunde durchläuft verschiedene Phasen bis zur echten Kundenbindung. Es ist äußerst selten, dass ein Kunde über Nacht zum Befürworter oder Fan deiner Marke wird. Shopbetreiber müssen sich immer wieder unter Beweis stellen und weiterhin Kundenerlebnisse und gute Services anbieten.
Loyalität sollte in dieser Phase konsistent und kontinuierlich honoriert werden denn es ist der perfekte Nährboden für Word of Mouth Marketing, die höchste Form des Empfehlungsmarketings.
Kunden, die in dieser Phase angekommen sind, werden dir viel eher einen Gefallen tun. Erst in dieser Phase macht es wirklich Sinn, Kunden nach einer Bewertung oder Empfehlung zu fragen. Kunden in dieser Phase kaufen nicht nur mehr, sie können einen unglaublichen Einfluss nehmen. Denn die richtige Empfehlung auszusprechen, ist viel entscheidender als irgendeine Empfehlung.
VIP-Kunden aus der vorherigen Phase eignen sich jetzt als Ambassadore. Ambassadore haben bereits exzellente Erlebnisse erhalten und möchten andere Menschen helfen, auch diese Erlebnisse zu erfahren. Natürlich können auch Influencer eingesetzt werden. Doch der eigentliche Antrieb eines Influencers ist es, selbst mit einer eigenen Community bekannter und größer zu werden. Die Empfehlung eines Influencers ist daher immer durch eine monetäre Komponente getrieben. Ambassadore empfehlen Produkte dagegen aus tiefer Überzeugen, weil sie einzigartige Erlebnisse erfahren haben.
Execution – die Königsdisziplin
Kundenbindung erfordert ein strategisches Vorgehen. Erfolgreich wird, wer in Erlebnisse, Systeme und Prozesse investiert. Denn erst durch eine detaillierte und immer wieder fortwährende Anwendung und Auswertung sind Aussagen über das Verhalten und die Präferenzen der Kunden bezüglich deren Reaktion auf bestimmte Maßnahmen möglich.